Arbeitgeberkündigung nach dem Mutterschaftsurlaub

Tages Anzeiger vom 22.10.2022

Hoffentlich nicht Präjudizurteil aus Genf, wonach die Arbeitgeberkündigung nach dem Mutterschaftsurlaub missbräuchlich ist.

Der Tages Anzeiger vom 22.10.2022 berichtet von einem Genfer Arbeitsgerichtsentscheid, gemäss welchem die Arbeitgeberin nach Ablauf des 4-monatigen Mutterschaftsurlaub zwei Frauen ordentlich unter Freistellung gekündigt hat und diese Kündigung als missbräuchlich und diskriminierend bezeichnet wurde. Entscheidend war für das Arbeitsgericht gemäss Tages Anzeiger, dass die Kündigung zeitlich kurz nach Ablauf des gesetzlichen Mutterschafturlaubs erfolgt sind, nämlich einmal 9 Tage, das anderemal 1 Monat.

Grundsätzlich gilt im Schweizer Arbeitsrecht Kündigungsfreiheit, d.h. die Mitarbeiterin muss die Missbräuchlichkeit des Kündigungsgrunds nachweisen. Liegen zugleich missbräuchliche und nicht missbräuchliche Kündigungsgründe vor, so ist zu prüfen, welches Motiv das ausschlaggebende für die Arbeitgeberkündigung war. Folgerichtig ist es wichtig, dass der Arbeitgeber die Kündigungsgründe klar und wahr formuliert und die sachlichen nicht missbräuchlichen Gründe in den Vordergrund stellt. Diese Beweisregel kann das Genfer Urteil nicht aus den Angeln heben und abstrakt aus der zeitlichen Nähe vom Ende des Mutterschaftsurlaubs und der Kündigung den Beweis der Missbräuchlichkeit herleiten. Hatte die Mitarbeiterin vor der Schwangerschaft und Mutterschaft sehr viele Fehlzeiten, muss das bei der Arbeitgeberkündigung nach Ablauf der Sperrfrist von Schwangerschaft und Mutterschaft berücksichtigt werden, konnte doch der Arbeitgeber unmittelbar nach Auflaufen der Fehlzeiten nicht kündigen und holt diese Kündigung nach dem Mutterschaftsurlaub nach. Ausserdem ist der Verstoss gegen klare Arbeitgeberanweisungen Grund für die nicht missbräuchliche Aussprechung der ordentlichen Kündigung. Deshalb stehen einerseits nicht missbräuchliche Kündigungsgründe im Vordergrund und zweitens ist der zeitliche Konnex von Ende Mutterschaftsurlaub und Zeitpunkt der Arbeitgeberkündigung der gesetzlichen Regelung geschuldet, wonach gemäss Art.336c Abs.1 litc OR eine Arbeitgeberkündigung während Schwangerschaft und 16 Wochen nach Niederkunft verboten ist.

Aus diesem Entscheid ergeben sich folgende Konsequenzen für den Arbeitgeber:

1.

Wollen Sie die Mutter nicht weiterbeschäftigen, suchen Sie mit ihr während der Schwangerschaft eine Vertragsauflösung einvernehmlich auf den Zeitpunkt Ende des Mutterschaftsurlaubs.

Will die Mutter nach der Mutterschaftsurlaub nur noch teilzeit arbeiten und ist das für Sie nicht akzeptabel, kündigen Sie ordentlich mit der Begründung, betrieblich sei Teilzeit nicht möglich und von Ihnen nicht erwünscht.

Haben Sie vor der Sperrfrist Kündigungsgründe, die nicht missbräuchlich sind wie Fehlzeiten/schlechte Arbeitsleistung/Fehlverhalten gegenüber Mitarbeitenden und Vorgesetzten/ Illoyalitäten/intrigantisches Verhalten/Nichtabkzeptanz von Weisungen/Ueberforderung am Arbeitsplatz), dann halten Sie diese Gründe schriftlich fest und kommunizieren diese der Mitarbeiterin und kündigen, wenn auch im Wissen der Nichtigkeit der Kündigung und wiederholen diese Kündigung unter Verweis auf die Nichtigkeit der ersten Kündigung nach Ablauf der Sperrfrist.

Kommunizieren Sie die nicht missbräuchlichen Gründe, die übrigen vorläufig weglassen

Kommunizieren Sie offen und direkt,so dass die Mitarbeiterin weiss, dass eine Kündigung kommt. Verstecken Sie Ihre Entscheidungen nicht, bis der Mutterschaftsurlaub fertig ist, und dann kündigen Sie für die Mitarbeiterin aus heiterem Himmel ohne Kenntnis der Vorfälle/Vorwürfe und ohne Dokumentation im Personaldossier.

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Carlo Häfeli
Carlo Häfeli
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